Warum kann Ablenkung hilfreich sein, um Gedankenkreisen zu unterbrechen?
„Ablenkung“ lenkt die Aufmerksamkeit bewusst auf andere Tätigkeiten oder Sinneseindrücke. Das kann helfen, negative Gedankenschleifen zu durchbrechen und kurzzeitig Abstand zu gewinnen. Im Idealfall funktioniert Ablenkung eher als „Hinlenkung“, denn dadurch wird ein Ziel (hin … zu) statt einer Vermeidung oder Flucht (von … weg) möglich.
Wissenschaftliche Studien | Hintergründe
Ablenkungstechniken: Übersicht
Ablenkungstechniken sind Strategien, die darauf abzielen, die Aufmerksamkeit von unangenehmen oder stressigen Reizen abzulenken. Sie werden in verschiedenen Bereichen eingesetzt, um Angst, Schmerz und andere negative Emotionen zu bewältigen.
Einsatz in der Schmerzbewältigung
Schmerzlinderung bei Kindern: Ablenkungstechniken haben sich als wirksam erwiesen, um Schmerzen bei Kindern während medizinischer Eingriffe zu reduzieren. Studien zeigen, dass Ablenkungstechniken wie therapeutisches Spiel und virtuelle Realität signifikant Schmerzen, Angst und Furcht bei Kindern, die sich einer Beschneidung unterziehen, lindern können (Wang et al., 2024; Bukola & Paula, 2017). Diese Techniken sind kostengünstig und können eine wertvolle Ergänzung zu pharmakologischen Ansätzen sein (Mccaul & Malott, 1984; Bukola & Paula, 2017).
Effektivität bei unterschiedlichen Schmerzintensitäten: Ablenkung ist besonders effektiv bei der Bewältigung von Schmerzen niedriger Intensität. Bei intensiveren Schmerzen kann die Wirksamkeit im Vergleich zu anderen Techniken wie der Sensationsumdefinition abnehmen (Mccaul & Malott, 1984).
Anwendung bei Angst und Furcht
Zahnmedizinische Praxis: In der Kinderzahnmedizin können Ablenkungstechniken helfen, Angst und Furcht während der Behandlung zu reduzieren. Die Wirksamkeit hängt jedoch stark von der Art der Ablenkung und der spezifischen zahnmedizinischen Prozedur ab. Die Evidenzlage ist jedoch noch unsicher und erfordert weitere gut durchgeführte Studien (Prado et al., 2019).
Pädiatrische Onkologie: In der pädiatrischen Onkologie hat sich Ablenkung als vielversprechende Methode zur Schmerzbewältigung während invasiver Prozeduren erwiesen. Die Techniken sind besonders nützlich, da sie kostengünstig sind und in vielen Teilen der Welt, wo Medikamente möglicherweise nicht verfügbar sind, eingesetzt werden können (Bukola & Paula, 2017).
Vergleich mit anderen Bewältigungsstrategien
Ablenkung vs. Expressive Unterdrückung: Ablenkung ist effektiver als die Unterdrückung von Emotionen, insbesondere bei der Regulierung von hochintensiven negativen Emotionen. Sie führt zu einer stärkeren Reduktion der frühen Phase der emotionalen Reaktion, was darauf hindeutet, dass Ablenkung eine überlegene Strategie zur Emotionsregulation sein kann (Li et al., 2017).
Herausforderungen und zukünftige Forschung
Methodologische Herausforderungen: Viele Studien zu Ablenkungstechniken weisen methodologische Schwächen auf, was die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse einschränkt. Es besteht ein Bedarf an robusteren, gut durchgeführten randomisierten kontrollierten Studien, um die Wirksamkeit dieser Techniken besser zu verstehen (Prado et al., 2019; Wang et al., 2024).
Individuelle Präferenzen: Die Wirksamkeit von Ablenkungstechniken kann durch individuelle Unterschiede in den Präferenzen und der Temperament der Kinder beeinflusst werden. Zukünftige Forschung sollte diese Faktoren berücksichtigen, um die Ergebnisse zu optimieren (Koller & Goldman, 2012).
Insgesamt zeigen die bisherigen Studien, dass Ablenkungstechniken ein vielversprechendes Mittel zur Bewältigung von Schmerz und Angst sind, insbesondere bei Kindern. Dennoch sind weitere Forschungen erforderlich, um die optimalen Bedingungen und Techniken für ihren Einsatz zu bestimmen.
Wissenschaftliche Studien
Prado, I., Carcavalli, L., Abreu, L., Serra-Negra, J., Paiva, S., & Martins, C. (2019). Use of distraction techniques for the management of anxiety and fear in paediatric dental practice: A systematic review of randomized controlled trials.. International journal of paediatric dentistry. https://doi.org/10.1111/ipd.12499
Li, P., Wang, W., Fan, C., Zhu, C., Li, S., Zhang, Z., Qi, Z., & Luo, W. (2017). Distraction and Expressive Suppression Strategies in Regulation of High- and Low-Intensity Negative Emotions. Scientific Reports, 7. https://doi.org/10.1038/s41598-017-12983-3
Wang, X., Liu, H., Tang, G., Sun, F., Wu, G., & Wu, J. (2024). The Effect of Distraction Techniques on Pain, Fear, and Anxiety in Children Undergoing Circumcision: A Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials. American Journal of Men’s Health, 18. https://doi.org/10.1177/15579883241230166
Mccaul, K., & Malott, J. (1984). Distraction and coping with pain.. Psychological bulletin, 95 3, 516-33. https://doi.org/10.1037/0033-2909.95.3.516
Bukola, I., & Paula, D. (2017). The Effectiveness of Distraction as Procedural Pain Management Technique in Pediatric Oncology Patients: A Meta-analysis and Systematic Review.. Journal of pain and symptom management, 54 4, 589-600.e1. https://doi.org/10.1016/j.jpainsymman.2017.07.006
Koller, D., & Goldman, R. (2012). Distraction techniques for children undergoing procedures: a critical review of pediatric research.. Journal of pediatric nursing, 27 6, 652-81. https://doi.org/10.1016/j.pedn.2011.08.001