Was versteht man unter negativen Gedanken?
„Negative Gedanken“ sind pessimistische, selbstkritische oder ängstliche Überzeugungen, die das Selbstwertgefühl mindern und den Alltag belasten können.
Wissenschaftliche Studien | Hintergründe
Negative Gedanken: Ein Überblick über die Forschung
Negative Gedanken sind ein weit verbreitetes Phänomen, das sowohl in klinischen als auch in nicht-klinischen Populationen auftritt. Sie sind eng mit psychischen Störungen wie Depressionen und Angstzuständen verbunden und können das Wohlbefinden erheblich beeinträchtigen. Die Forschung hat verschiedene Aspekte negativer Gedanken untersucht, darunter ihre Natur, ihre Auswirkungen und Strategien zu ihrer Bewältigung.
Natur und Auswirkungen negativer Gedanken
Selbstbezogene negative Gedanken: Studien zeigen, dass negative Gedanken bei Depressionen hauptsächlich auf das Selbst gerichtet sind und nicht unbedingt auf andere Personen. Diese Gedanken sind oft mit einem negativen Selbstschema verbunden, das die Wahrnehmung und das Verhalten der Betroffenen beeinflusst (Pietromonaco and Markus, 1985; Mohammadkhani et al., 2018).
Automatische negative Gedanken: Diese Gedanken treten oft unbewusst und ohne Anstrengung auf und verstärken depressive Zustände. Sie bilden einen Teufelskreis, in dem negative Gedanken zu verstärkter Depression führen, was wiederum die Häufigkeit und Intensität dieser Gedanken erhöht (Tomlinson and Slater, 2017).
Repetitives negatives Denken (RNT): RNT ist ein transdiagnostischer Prozess, der als Risikofaktor für verschiedene psychische Störungen gilt. Es ist durch seine Persistenz und Eindringlichkeit gekennzeichnet und kann sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen auftreten (Magson et al., 2019).
Bewältigungsstrategien
Kognitive Umstrukturierung und Defusion: Diese Techniken helfen, die Glaubwürdigkeit und den emotionalen Einfluss negativer Gedanken zu reduzieren. Defusionstechniken haben sich als besonders effektiv erwiesen, um die Akzeptanz und das Wohlbefinden zu erhöhen, indem sie die Häufigkeit negativer Gedanken verringern (Larsson et al., 2016).
Metakognitive Reflexion: Die Reflexion über negative Selbstgedanken als mentale Gewohnheit kann helfen, deren Einfluss auf das Selbstwertgefühl und die psychische Gesundheit zu verstehen und zu mindern. Diese Reflexion unterscheidet sich von Rumination und Achtsamkeit und kann langfristig depressive und ängstliche Symptome vorhersagen (Verplanken et al., 2007).
Soziale Einflüsse
Einfluss sozialer Unterstützung: Soziale Interaktionen können negative Gedanken und deren emotionale Auswirkungen regulieren. Unterschiedliche soziale Unterstützer können variierende Grade negativer Gedanken hervorrufen, was darauf hindeutet, dass soziale Einflüsse eine bedeutende Rolle spielen können (Lakey and Tanner, 2013).
Herausforderungen und zukünftige Forschungsrichtungen
Kulturelle Unterschiede: Die kognitive Theorie der Depression und ihre Beziehung zu negativen Gedanken wurde hauptsächlich in westlichen Ländern untersucht. Studien in anderen Regionen, wie dem Nahen Osten, sind notwendig, um kulturelle Unterschiede in der Wahrnehmung und Verarbeitung negativer Gedanken zu verstehen (Mohammadkhani et al., 2018).
Langfristige Auswirkungen: Weitere Forschung ist erforderlich, um die langfristigen Auswirkungen von Bewältigungsstrategien und sozialen Einflüssen auf negative Gedanken und psychische Gesundheit zu untersuchen.
Zusammenfassung: Negative Gedanken sind ein komplexes Phänomen, das durch individuelle, soziale und kulturelle Faktoren beeinflusst wird. Die Forschung bietet wertvolle Einblicke in die Mechanismen und Bewältigungsstrategien, die zur Verbesserung der psychischen Gesundheit beitragen können.
Wissenschaftliche Studien
Pietromonaco, P., & Markus, H., 1985. The nature of negative thoughts in depression.. Journal of personality and social psychology, 48 3, pp. 799-807. https://doi.org/10.1037//0022-3514.48.3.799
Larsson, A., Hooper, N., Osborne, L., Bennett, P., & McHugh, L., 2016. Using Brief Cognitive Restructuring and Cognitive Defusion Techniques to Cope With Negative Thoughts. Behavior Modification, 40, pp. 452 – 482. https://doi.org/10.1177/0145445515621488
Verplanken, B., Friborg, O., Wang, C., Trafimow, D., & Woolf, K., 2007. Mental habits: metacognitive reflection on negative self-thinking.. Journal of personality and social psychology, 92 3, pp. 526-41. https://doi.org/10.1037/0022-3514.92.3.526
Mohammadkhani, P., Bagheri, M., Dobson, K., Eskandari, E., Dejman, M., Bass, J., & Abdi, F., 2018. Negative thoughts in depression: A study in Iran.. International journal of psychology : Journal international de psychologie. https://doi.org/10.1002/ijop.12541
Magson, N., Rapee, R., Fardouly, J., Forbes, M., Richardson, C., Johnco, C., & Oar, E., 2019. Measuring repetitive negative thinking: Development and validation of the Persistent and Intrusive Negative Thoughts Scale (PINTS).. Psychological assessment. https://doi.org/10.1037/pas0000755
Lakey, B., & Tanner, S., 2013. Social Influences in Negative Thinking and Affect. Cognitive Therapy and Research, 37, pp. 160-172. https://doi.org/10.1007/s10608-012-9444-9
Tomlinson, G., & Slater, D., 2017. Negative Automatic Thoughts. **, pp. 67-73. https://doi.org/10.4324/9781315171616-10