Was sind intrusive Gedanken?

„Intrusive Gedanken“ sind aufdringliche, oft unangenehme Gedankenfragmente, die sich ungewollt aufdrängen. Sie treten meist bei Stress, Angststörungen oder Zwangshandlungen auf und erfordern spezielle Techniken zur Distanzierung.

Wissenschaftliche Studien | Hintergründe

Einführung in das Thema Intrusive Gedanken

Intrusive Gedanken sind ungewollte, oft belastende Gedanken, die sich in das Bewusstsein drängen und schwer zu kontrollieren sind. Sie sind ein häufiges Symptom bei verschiedenen psychischen Störungen wie Depressionen, Angststörungen und Zwangsstörungen, treten aber auch in der Allgemeinbevölkerung auf.

Merkmale und Auswirkungen Intrusiver Gedanken

Allgemeine Merkmale: Intrusive Gedanken sind durch ihre Häufigkeit, Persistenz und die damit verbundene Belastung gekennzeichnet. Sie können negative Emotionen wie Angst und Schuldgefühle hervorrufen und führen oft zu Versuchen, sie zu neutralisieren oder zu unterdrücken (Lawrence et al., 2017; Audet, Bourguignon and Aardema, 2023; Purdon and Clark, 1993).

Unterschiede in klinischen und nicht-klinischen Populationen: In klinischen Populationen, insbesondere bei Zwangsstörungen, sind intrusive Gedanken oft intensiver und mit größerem emotionalem Stress verbunden als in der Allgemeinbevölkerung. Sie sind auch häufiger ego-dystonisch, das heißt, sie stehen im Widerspruch zu den eigenen Werten und Überzeugungen (Audet, Bourguignon and Aardema, 2023; Purdon and Clark, 1993).

Mechanismen und Bewältigungsstrategien

Habituation und Aufmerksamkeitstraining: Studien zeigen, dass intrusive Gedanken durch Habituationstraining und Aufmerksamkeitstrainingstechniken reduziert werden können. Diese Techniken helfen, die Häufigkeit und Intensität der Gedanken zu verringern und die Flexibilität der Aufmerksamkeit zu erhöhen (Parkinson and Rachman, 1980; Nassif and Wells, 2014).

Neutralisierung und Ablenkung: Der Versuch, intrusive Gedanken zu neutralisieren, kann paradoxerweise zu einer Verstärkung der Gedanken führen. Ablenkung kann kurzfristig helfen, aber langfristig die Tendenz zur Neutralisierung verstärken (Salkovskis et al., 1997).

Intrusive Gedanken in spezifischen Kontexten

Postnatale Periode: Intrusive Gedanken über das absichtliche Schädigen des eigenen Kindes sind in der postnatalen Periode häufig und können bei betroffenen Eltern große Angst und Scham auslösen. Diese Gedanken sind nicht unbedingt ein Risikoindikator, können aber in Verbindung mit Depressionen oder Angststörungen besonders belastend sein (Lawrence et al., 2017).

Involuntary Musical Imagery (INMI): INMI, oder das ungewollte Auftreten von Musik im Kopf, bietet eine Möglichkeit, Intrusivität ohne negative Emotionen zu untersuchen. Studien zeigen, dass die Häufigkeit solcher Gedanken nicht unbedingt mit ihrer negativen Wahrnehmung korreliert, sondern dass ruminatives Denken eine Rolle spielt (Akerman-Nathan, Naftalovich and Kalanthroff, 2023).

Herausforderungen und zukünftige Forschungsrichtungen

Bewertung und Messung: Die Bewertung intrusiver Gedanken bleibt eine Herausforderung. Es gibt verschiedene Instrumente zur Messung, aber die Validität und Zuverlässigkeit dieser Instrumente müssen weiter verbessert werden, um die Komplexität und Vielfalt intrusiver Gedanken besser zu erfassen (Clark and Purdon, 1995).

Therapeutische Ansätze: Die Entwicklung und Bewertung von therapeutischen Ansätzen, die auf Achtsamkeit und metakognitive Strategien setzen, könnten helfen, die negativen emotionalen und verhaltensbezogenen Reaktionen auf intrusive Gedanken zu reduzieren (Berry et al., 2010).

Intrusive Gedanken sind ein komplexes Phänomen, das sowohl in klinischen als auch in nicht-klinischen Populationen auftritt. Die Forschung zeigt, dass sie durch verschiedene Techniken gemildert werden können, aber es bleibt noch viel zu tun, um ihre Mechanismen vollständig zu verstehen und effektive Behandlungsstrategien zu entwickeln.

Wissenschaftliche Studien

Parkinson, L., & Rachman, S., 1980. Are intrusive thoughts subject to habituation?. Behaviour research and therapy, 18 5, pp. 409-18. https://doi.org/10.1016/0005-7967(80)90006-6

Akerman-Nathan, A., Naftalovich, H., & Kalanthroff, E., 2023. The aversiveness of intrusiveness: Evidence from involuntary musical imagery.. Journal of clinical psychology. https://doi.org/10.1002/jclp.23596

Nassif, Y., & Wells, A., 2014. Attention training reduces intrusive thoughts cued by a narrative of stressful life events: a controlled study.. Journal of clinical psychology, 70 6, pp. 510-7. https://doi.org/10.1002/jclp.22047

Lawrence, P., Craske, M., Kempton, C., Stewart, A., & Stein, A., 2017. Intrusive thoughts and images of intentional harm to infants in the context of maternal postnatal depression, anxiety, and OCD.. The British journal of general practice : the journal of the Royal College of General Practitioners, 67 661, pp. 376-377. https://doi.org/10.3399/bjgp17X692105

Audet, J., Bourguignon, L., & Aardema, F., 2023. What makes an obsession? A systematic-review and meta-analysis on the specific characteristics of intrusive cognitions in OCD in comparison with other clinical and non-clinical populations.. Clinical psychology & psychotherapy. https://doi.org/10.1002/cpp.2887

Purdon, C., & Clark, D., 1993. Obsessive intrusive thoughts in nonclinical subjects. Part I. Content and relation with depressive, anxious and obsessional symptoms.. Behaviour research and therapy, 31 8, pp. 713-20. https://doi.org/10.1016/0005-7967(93)90001-B

Salkovskis, P., Westbrook, D., Davis, J., Jeavons, A., & Gledhill, A., 1997. Effects of neutralizing on intrusive thoughts: an experiment investigating the etiology of obsessive-compulsive disorder.. Behaviour research and therapy, 35 3, pp. 211-9. https://doi.org/10.1016/S0005-7967(96)00112-X

Clark, D., & Purdon, C., 1995. The assessment of unwanted intrusive thoughts: a review and critique of the literature.. Behaviour research and therapy, 33 8, pp. 967-76. https://doi.org/10.1016/0005-7967(95)00030-2

Berry, L., May, J., Andrade, J., & Kavanagh, D., 2010. Emotional and Behavioral Reaction to Intrusive Thoughts. Assessment, 17, pp. 126 – 137. https://doi.org/10.1177/1073191109344694

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