Chaos im Kopf – was ist da los? Was können Sie tun?
Unordnung in den Gedanken und Impulsen. Chaos im Kopf führt zu einem unangenehmen Gefühl. Dauernd Stress. Ein Zustand, in dem planbares Handeln kaum möglich ist. Oft lesen wir von chaotischen Bedingungen im Kopf in Verbindung mit ADHS. Dieser Text beschreibt eine einfache Selbsthilfe für Betroffene, die mehr ist als eine Methode. Das Denken und die Gefühle sind gleichermaßen im Boot.
- Checkliste Seltsame Gedanken
- Kennen Sie chaotische Zustände in Denkprozessen und Impulsen?
- Die Energie des Gehirns fließt dorthin, wo sich die Aufmerksamkeit sammelt – also auch auf das vermeintliche Durcheinander im Kopf
- Wie können Sie Ihr Gehirn zur Kooperation für mehr Sammlung auf eine Beschäftigung einladen?
- Welcher Film läuft im Kopf ab? Welche Ordnung bestimmt das Denken?
- Betrifft das nur Kinder oder auch die Erwachsenen?
- Wie bekommen Sie Hilfe für den Umgang mit ungeordneten Gedanken?
- So wird aus Chaos im Kopf etwas Neues: Vielfalt im Kopf
Kennen Sie chaotische Zustände in Denkprozessen und Impulsen?
Treffen solche Beschreibungen auf Sie zu?
- Der eine Mensch beschreibt sich als impulsiv.
- Der andere als kreativ.
- Der nächste als ungeduldig.
- Wieder ein anderer könnte ständig aus der Haut fahren vor Bewegungsdrang.
- Hier eine To-do-Liste – dort Deadlines. Alles ist dringend.
- Manche beobachten bei sich auch alles gleichzeitig.
- Viele reden gleich von einer Störung.
- Warum eigentlich?
Impulsive Kreativität in Verbindung mit Ungeduld muss an sich kein Nachteil sein. Wollen Sie das alles mal aus einer anderen Perspektive betrachten?
Einigen wir uns hier darauf, dass wir es auch als Phänomen betrachten und damit umgehen können? Also den Andrang im Kopf nutzen?
Gut. Dann schauen wir, wie es wirkt, wenn Sie die Perspektive umdrehen.
- Unkonzentrierte Menschen (auch Personen mit der Diagnose ADHS) geben sich viel Mühe, sich zu konzentrieren.
- Das ist verständlich.
- Und – kontraproduktiv.
- Warum das?
- Weil wir den Überblick verlieren, wenn wir uns nur angestrengt konzentrieren sollen.
Die Energie des Gehirns fließt dorthin, wo sich die Aufmerksamkeit sammelt – also auch auf das vermeintliche Durcheinander im Kopf
Wer sich fest vornimmt, sich nicht mehr ablenken zu lassen oder endlich zu konzentrieren, verstärkt die Problematik.
Das Gehirn kann gar nicht anders. Einfachstes Beispiel ist der Auftrag, nicht an etwas zu denken.
Woran denken Sie, wenn Sie an etwas nicht denken sollen?
Sehen Sie.
Das Gehirn arbeitet planmäßig und planbar.
Wie können Sie Ihr Gehirn zur Kooperation für mehr Sammlung auf eine Beschäftigung einladen?
Wie wir eben gesehen haben, kommt es bei dem dringenden Wunsch nach möglichst wenig Ablenkung genau zur Ablenkung. Je mehr Sie sich darauf konzentrieren, nur ein Thema im Mittelpunkt zu haben, andere Themen aber nicht, desto intensiver sind die Ablenkungen da.
Exzentration statt Konzentration – drehen Sie das Prinzip um
Ich habe in meiner Systemischen Praxis ein Konzept zur Auslagerung von störenden inneren Bildern und Gedanken entwickelt.
Die Exzentration (wörtlich: das Herausnehmen aus dem Zentrum) funktioniert deshalb gut, weil sie zur Gelassenheit führt.
- Statt Gedankenstopper gibt es Gedankenräume, in denen die Themen abgelegt werden
- Die Aufmerksamkeitsfokussierung richtet sich auf die Anwesenheit von Denkprozessen und Umgebungsreizen – ohne diese zu unterdrücken kommt es zu einer Akzeptanz
Welcher Film läuft im Kopf ab? Welche Ordnung bestimmt das Denken?
- Hier ein Gedanke, dort ein toller Plan.
- Was für Farben!
- Und wie gut das hier duftet.
- Warte mal.
- Ich komme gleich.
- Hab es schon wieder vergessen, was war noch?
- Oh Mann, was für ein stressiger Tag.
- Wo war ich gleich wieder. Und so fort.
Dieser kurze O-Ton zeigt zumindest ansatzweise, welche Schwierigkeiten Menschen entwickeln können, wenn sie versuchen, ihre Gedanken und Impulse in den Griff zu bekommen. Je mehr sie sich Mühe geben, desto erfolgloser wirken sie.
Betrifft das nur Kinder oder auch die Erwachsenen?
Probleme mit dem Zuviel im Kopf haben alle Menschen. Entscheidend ist es, die Aufgaben des Alltags so einzuteilen und voneinander zu trennen, dass wir die Übersicht erlangen und behalten.
Die zu hohe Gedankendichte und ständiges Planen belasten sowohl die Eltern betroffener Kinder und ihre Geschwister als auch die Partnerschaft. Das Problem dabei: Es wird als Problem definiert, was eigentlich eine Ressource ist, eine Fähigkeit.
Wie bekommen Sie Hilfe für den Umgang mit ungeordneten Gedanken?
Entscheidend ist es, die Gedanken über die Gedanken zu erkennen, also eine Metaperspektive zu entwickeln. Stress kommt vor allem dann auf, wenn der Mensch etwas aus dem Bewusstsein verdrängen will. Das funktioniert nicht.
Doch es gibt diese einfache Methode, die alle anwenden können, die erwartungsgemäß keine Kontrolle über ihre Gedanken erlangen können. Es ist mehr als eine Methode, denn diese Vorgehensweise hilft sowohl auf der mentalen als auch auf der emotionalen Ebene.
Schauen Sie mal, welche der folgenden Sätze bei Ihnen Anklang finden:
- Es ist in Ordnung, dass da viel Leben in meinem Kopf ist.
- Ein Gedankenkarussell entsteht immer dann, wenn ich versuche, einen von ihnen festzuhalten oder zu verscheuchen. Die Arbeit gegen mein Gehirn ist also kein guter Plan. Das Leben schreibt auch hier seine eigenen Geschichten.
- Meine Gedanken sind wie Kunden. Würde ich alle gleichzeitig bedienen, wäre das Chaos perfekt. Deshalb ist die Methode einer Reihenfolge eine gute Wahl. Wenn Ihnen der Begriff Kunde hier nicht gefällt, nehmen Sie stattdessen das Wort Kinder.
- Wie Kinder, die alle gleichzeitig etwas von mir wollen, bestürmen mich meine Einfälle, Eingebungen und Impulse – alle dürfen leben, und alle bekommen einen guten Platz, an dem ich sie abhole, sobald ich Gelegenheit finde. Das ist meine Strategie.
So wird aus Chaos im Kopf etwas Neues: Vielfalt im Kopf
Schon der Begriff Chaos hat so viel negative Wirkung. Stellen Sie sich vor, ein Maler würde die Vielfalt seiner Farben als Chaos bezeichnen. Würde er sich dann noch gerne an seine Arbeit machen, seine Palette in die Hand nehmen?
Vielfalt und gleichzeitig vorhandene Farbenpracht, Eindrücke und Impulse sollten wir würdigen. Es ist in Ordnung, was auf den ersten Blick wie eine Unordnung aussieht.
Die Lösung bzw. die Strategie für den Umgang mit dem Phänomen der Informationsdichte im Kopf: Platz schaffen durch die bewusste und emotional unterstützte Verteilung von Gedanken.
Alleine das Aufschreiben und Priorisieren reichen jedoch nicht. Es braucht eine emotionale Komponente, damit auch das Limbische System einbezogen wird. Das schafft man nicht alleine mit rationalen Überlegungen, welche Aufgaben als erste zu erledigen sind (die sogenannte Braindump-Methode, die z. B. auf impulse.de beschrieben wird.)
Die umfassende Gestaltung der mentalen und emotionalen Strukturen, die (auch bei Störungsbildern wie ADHS stets in ihrer Gesamtheit zu sehen sind), gelingt mit einem bildhaften Konzept, das alle Menschen umsetzen können, die schon einmal in einer Wohnung oder einem Haus waren.
Mehr dazu finden Sie in diesem kleinen, von vielen geschätzten Buch Gedankenwohnung, in dem das gesamte Konzept auf unterhaltsame und eindrückliche Weise geschildert ist.
Exzentration ist der Begriff. Umsetzen lässt sich das Konzept durch die bewusste Verteilung von Gedanken, Ideen und inneren Bilder auf in ein selbstgeschaffenes System: die eigene, höchst persönliche Gedankenwohnung.